MEINUNGEN
Regisseur und Autor im DEFA-Studio für Dokumentarfilme. Mitglied der Gruppe Dokumentarfilme für Kinder. Zu seinen Hauptwerken zählt das 2018 erschienen Buch: Unbekannter Ivens: Triumph, Verdammnis, Auferstehung. Über Joris Ivens den Dokumentarfilmer an den Fronten der Weltrevolution:
Endlich ein Film, der Denken ermöglicht und erfordert. Der weltläufig ist und doch nur um eines kreist: um eine Fahne, „ein Stück Stoff im Wind“, mit einem Titel, der noch nüchterner ist, „Farbtest 1968-2024“, und sich herleitet aus dem Titel seiner Urfassung von 1968, „Farbtest Rote Fahne“. Da beginnt schon das Nachschauen. Rote Fahne – was hebt sie heraus aus dem Wald von Fahnen? Und seit wann? Warum rot, und warum einfach nur rot? Vom Nachschauen zum Nachdenken: Wofür steht diese Farbe? Und wo in der Welt? In Berlin, in Deutschland, allüberall? Wie ist das zu erklären? Was hat es mit dem Jahr der Erstentstehung zu tun: 1968?
Hätte der Film alle diese Fragen beantworten wollen, hätten wir eine Fahnenschau als Staffage für Antworten, die schnell kommen und schnell gehen. Hat er aber nicht. Was in unseren Köpfen bleibt, ist die Fahne in den Händen von Menschen, jungen Menschen, die sie durch ihre Städte tragen und von einem zum andern weitergeben. Die szenische Berührung ersetzt die verbale Bemühung. Was ein Bild an die Stelle einer Formel stellt, ein Weltbild, Weltanschauung im treffenden und doppelten Sinne des Wortes.
Wer hier mit den Augen und allen Sinnen mitläuft und also faktisch die Fahne mitträgt, bin ich, der Zuschauer. Das kann mir keiner nehmen, das ist durch nichts zu ersetzen. Alle Ersetzung ist Ersatz, und den will ich nicht haben, den brauche ich nicht. Ich will das Original, und das Original sitzt und staunt und staunt über sich selber: Ich bin Akteur! Ich laufe mit! Ich spüre es doch, und was ich spüre, ist in mir!
Das ist, was Film ausmacht, was ein Film kann, wenn er gut ist und Film ist und nicht Vortrag. Schon bin ich frei und eingenommen von dem, was mich, durch Zeit und Raum, die ich geteilt habe, zum Teilnehmer macht.
Ich will selber denken, selber sehen.
Das schafft diese einfache, kleine, rote Fahne und dieser einfache, kleine, rote Film. Besser gehts nicht und mehr auch nicht.
Chapeau, Gerd Conradt.
Von Dr. rer. pol. Morticia Zschiesche,
Mitglied im Verband der deutschen Filmkritik e.V.:
Von Peter B. Schumann,
Publizist:
Ein hoch interessantes Experiment und Dokument eines Filmemacherlebens, das ich als ein jahrzehntelanges Ringen um eine früh entwickelte Idee und Form empfinde und einen kuriosen Einblick in die Weltgeschichte. Etwas Vergleichbares habe ich noch nie gesehen. Es ist bestimmt die längste Langzeitbeobachtung, eigentlich eine Lebensbeobachtung. Einzigartig.
Von Jörg van Bebber,